zum Inhalt springenzur Navigation

Musik für Kammerorchester (Fassung für großes Orchester)

Shiqi Geng (2022–2023/2024)

(2022–2023, Version für großes Orchester 2024 UA) – 20' (Call for Scores Orchesterwerke Arnold Schönberg 2024)

Die gesellschaftspolitische Situation in meinem Herkunftsort stellt den zentralen thematischen Hintergrund für die Entstehung und Entwicklung meiner ästhetischen Werthaltung und die Intention meines musikalischen Schaffens dar; das gilt auch für dieses Stück. Die ursprüngliche Fassung für Kammerorchester (15 Instrumente) entstand zwischen Herbst 2022 und Anfang 2023. Nach der Uraufführung im März 2023 habe ich begonnen, es für symphonisches Orchester zu bearbeiten. Das am Anfang von der Soloposaune gespielte und aus einer mit Vierteltönen verengten kleinen Sekunde aufgebaute Zentralmotiv, das zu einer wichtigen Zelle für das gesamte Stück wurde, habe ich dabei von der Komposition De profundis für Solotenor übernommen, die ich im Frühsommer 2022 begonnen hatte. Vor dem Hintergrund der während der Entstehung der ursprünglichen Fassung sich verändernden Situation in meinem Herkunftsort habe ich das mit verengter kleiner Sekunde aufgebaute Motiv gewählt, um es, unter einem abstrakten Sonatenformprinzip stehend, zu einem größeren Werk zu erweitern. Dennoch ist meine Musik für Kammerorchester keine auf die Außenwelt bezogene «Programmmusik»: Ich beschreibe in diesem Stück nur meine persönlichen Wahrnehmungen und Selbstreflektionen, die für mich nicht verbal, also durch Text, sondern durch Musik unmittelbar ausdrückbar sind. Mein persönliches Verhältnis zur Außenwelt ist zwar der Hintergrund dieser subjektiven, im Medium der Musik zur Darstellung gelangenden Wahrnehmungen und Reflektionen; diese beschränken sich jedoch nicht darauf bzw. lassen sich nicht einfach darauf zurückführen. Der dem (abstrakten) Sonatenformprinzip folgende Entstehungsprozess entspricht nur den Verlaufsprozessen meiner Selbstreflektionen, nicht aber den gesellschaftspolitischen Entwicklungen, die diese Selbstreflektionen auslösen. Kurz nach dem Höhepunkt des Stücks zitiere ich Berceuse von Georges Delbruck (1883–1913), ein Stück, das ich in meiner Kindheit öfters gespielt habe und das einen tiefen Eindruck in meinem Herzen hinterließ. Das Zitat dieses Wiegenlieds (frz. berceuse) findet sich auch in mehreren meiner anderen Kompositionen und verweist auf nostalgische Kindheitserinnerungen. Im Schlussteil finden sich mehrere Passagen, die zuerst zu einem übermäßigen Dominantseptakkord anschwellen, dann aber auf einem fremden Akkord (im Sinne eines Trugschlusses) in unterschiedliche Gestalten «aufgelöst» werden. Damit symbolisiert der Schlussteil etwas wie «mehrere enttäuschte Erwartungen». (Shiqi Geng)

Produktionen

2024
  • CLAUDIO ABBADO KONZERT

    Musik für Kammerorchester (Fassung für großes Orchester)(2022–2023/2024 EA)- 120'
    29.11.2024 19:30, Musikverein, Großer Saal