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Troglodyte Angels Clank By

Clara Iannotta (2015)

für verstärktes Ensemble (2015) – ~ 12' (50 Jahre Kontrapunkte im Musikverein)

Troglodyte Angels Clank By (for amplified ensemble) entstand 2015 und gelangte am 10. Februar 2016 im Rahmen des Pariser Festivals Présences durch das Ensemble 2e2m zur Uraufführung, dem das Werk auch gewidmet ist. Es verwendet Flöte, Klarinette, Horn, Trompete, zwei Schlagwerke, Klavier, Harfe, Streichquartett und Kontrabass, wobei sämtliche Instrumentalpartien durch klangliche Präparierungen oder Geräusch-Apparaturen erweitert sind – etliche durch den auch als «Brummtopf» bekannten «Waldteufel», eine Trommel, in die ein Stab gesteckt ist; durch unterschiedliches Reiben entstehen hier gleichsam «brummende» Geräusche. Zudem werden alle Instrumente verstärkt, wobei die Dirigentin bzw. der Dirigent zugleich als »Laptop-Performer:in» fungiert, deren:dessen Gerät über Lautsprecher wiedergegebene Sinuswellen erzeugt. Der Titel Troglodyte Angels Clank By (etwa Höhlen bewohnende Engel knarren vorbei) stammt aus der letzten Zeile des Gedichts Sipping vodka von Dorothy Molloy, womit eine spezielle Art von Wodka angesprochen ist, den man «sippen» soll, also in kleinen Tropfen oder Schlucken trinken. (Molloys Liquor Stores vertreiben einen besonders qualitätvollen Sipping vodka.) Seine Qualität wird zusätzlich gesteigert, wenn Gletscherwasser verwendet wird. Und hier ergibt sich eine Verbindung zwischen Iannottas Komposition und dem Gedicht, in dem das Betrachten der schneebedeckten Alpen zur Metapher für «Kathedralen aus Eis» und wasserspeiende Fabelwesen (Gargoyles) wird. Diese mystische Atmosphäre liegt auch Iannottas kompositorischer Intention zugrunde – vor ihrem Auge entsteht beim Lesen der Molloy’schen Gedichte die Vorstellung, in einem geschlossenen Raum zu sein, in dem die Luft aus Staub besteht. Zunächst ist nichts zu erkennen, erst nach und nach schälen sich aus dem diffusen Licht akustische Ereignisse sowie lautliche Äußerungen einer unbestimmten Fauna. Das klangliche Spektrum des Werks ist durch die beschriebene Palette von Adaptionen der Instrumente besonders weit gefasst. Ratschen bringen das im Titel genannte «Knarren» ein, die Harfensaiten sind durch Honiglöffel präpariert, Klavierklänge werden im Inneren des Instrumentes erzeugt, Blasinstrumente sorgen für Vogelrufe und ein «Waterphone» für reibende und kreischende Geräusche. Der Grundidee entsprechend, hebt das Werk mit dunkel-diffuser Klangfläche an, in der nur wenige Einzelereignisse stattfinden, bis ein quasi einfallender Lichtstrahl plötzlich für eine hellere Szenerie sorgt. Sinustöne fungieren als formale Zäsur, ein neuer Klangaufbau bringt vermehrt Akzente ein, wenngleich die grundsätzliche diffuse Basis erhalten bleibt. Ein nun sukzessive gestalteter Höhepunkt ist durch das angesprochene «Knarren» (Rasseln) charakterisiert, Glissandi ergänzen die Klangpalette, ehe ein breites Rauschen langsam in die Atmosphäre des Werkbeginns zurückführt. Wie von weit her geben letzte Geräusche dem Ablauf Kontur, dann klingt das Werk mit leise vibrierenden Tönen aus. Clara Iannotta hat ihr Stück einmal selbst als Versuch bezeichnet, eine Antwort auf die Frage «Wie kannst du leise schreien?» zu finden. (Hartmut Krones)

Produktionen

2024