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Wien Modern, Arnold Schönberg und der Blick nach vorn

Schönberg 150

Schönberg 150

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«Kunst ist für mich: neue Kunst» – das hat Arnold Schönberg als «Minimalanforderung» formuliert. Wenn Wien Modern daher 2024 das Schönberg-Jubiläum feiert, wird es dementsprechend nicht retrospektiv, sondern sehr gegenwärtig: Wir haben zum 150. Geburtstag des berühmten Wiener Neue-Musik-Pioniers spannende, sehr unterschiedliche Künstlerinnen und Künstler gebeten, mit den Ohren und Augen unserer Zeit Schönbergs Impulse und Auswirkungen neu zu befragen und fühlbar zu machen.

Als Musterbeispiel «genialer Einzelleistungen» war Schönberg in erheblichem Maß an der Entstehung des Mythos beteiligt, neue Musik sei schwierig, schwer vermittelbar, elitär, unzugänglich und nur für eine eher überschaubare Gruppe spezieller Nerds interessant. Momente wie das legendäre «Watschenkonzert» im Wiener Musikverein 1913 oder der 1918 in Wien gegründete «Verein für musikalische Privataufführungen», mit dem Aufführungen neuer Musik «dem korrumpierenden Einfluss der Öffentlichkeit entzogen» werden sollten, sind im Jubiläumsjahr für Wien Modern ein willkommener Anlass, das von Mythen, Klischees und Gerüchten umrankte Verhältnis zwischen neuer Musik und Publikum in den Mittelpunkt zu rücken und aktuell zu überprüfen.

ACHTUNG - VERSCHIEBUNG! Die viertägige Gesamtaufführung der Schönberg-Streichquartette im Rahmen von Wien Modern im Wiener Konzerthaus (01.–02.11. 2024) und im Musikverein (04.–05.11. 2024) mit vier großen Auftragswerken von Sarah Nemtsov, Chaya Czernowin, Hilda Paredes und Stefan Prins ist gleichzeitig die weltweit umfangreichste Produktion zum 50. Jubiläum des Londoner Arditti Quartet.

Das Symposium Digging Schönberg im Arnold Schönberg Center (06.–08.11.2024) beschäftigt sich mit Wirkung und Wahrnehmung Schönbergs in der populären Musik, musikalische Beiträge liefern Georg Graewe und Burkhard Stangl/Franz Hautzinger.

Beim Festkonzert im Rathaus der Stadt Wien (06.11.2024) präsentiert das vereinte Orchester von MUK und Bruckner Universität neben zwei Orchesterwerken von Schönberg auch den Performance-Klassiker Proposition #2: Make a Salad der legendären Fluxus-Künstlerin Alison Knowles, bei dem das Orchester für das Publikum einen Salat zubereitet.

Das Publikum spielt auch die Hauptrolle im Film He’s soo blue – Schönberg Pfeifen, den Pianist Marino Formenti und Filmemacher Thomas Marschall seit Mai 2024 an zahlreichen Orten im öffentlichen Raum in Wien drehen und der bei Wien Modern im Reaktor als Preview gezeigt wird (08.11.2024). Schönbergs berühmter Wunsch, «dass man meine Melodien kennt und nachpfeift», wird vom Praterstern bis zum Brunnenmarkt einer ausführlichen Prüfung unterzogen.

Kurz und lustig waren die Geschichten, die Arnold Schönberg im Exil erzählte. Seine Kinder wurden darin zu Held:innen, Schönberg schnitt mit großem Vergnügen Grimassen, verstellte seine Stimme und verkörperte alle Figuren – so auch in Die Prinzessin – ein Schönbergmärchen: die ungeduldige Prinzessin, den vertrottelten Wolf, die geistreiche Großmutter. Nach dieser Geschichte, die Arnold Schönberg seinen Kindern beim Essen erzählte, komponierte Margareta Ferek-Petrić zu Schönbergs 150. Geburtstag ihr neues Musiktheaterstück, das in der Inszenierung von Nina Kusturica im Dschungel Wien zur Uraufführung gelangt (07.–17.11.2024).

Der 1956 in Düsseldorf geborene Komponist, Schlagzeuger, Künstler und Lyriker Manos Tsangaris fasst bei Wien Modern seine Auseinandersetzung mit Arnold Schönberg in einer großen, neuen und gewissermaßen begehbaren Werkgruppe zusammen. An insgesamt vier Orten rund um den Karlsplatz wird Arnold Elevators zwischen dem 13. und dem 21. November 2024 mit PHACE, Studio Dan sowie zahlreichen Solist:innen und Objekten zum Festival im Festival: Blicke in der Secession (13.–15. November) lädt dazu ein, in einem individuellen Parcours sechs Spielorte vom Keller bis zum Dach, vom Lastenaufzug bis zum Besprechungszimmer zu erkunden. Schönbergs Faszination für Blicke mündet Schritt für Schritt in eine Polyphonie musiktheatralischer Sichtachsen. Schönes Wetter in Gmunden (19.–21. November), eine Kette von sechs «öffentlichen Privataufführungen» an verschiedenen Stellen des Brahms-Saals für jeweils neun Zuhörende, führt im Musikverein in eine der dramatischsten und folgenreichsten Episoden in Schönbergs Biografie. Beim Double Portrait with Arnold im Neuen Salon des Wiener Konzerthauses (19.–21. November) tauscht das Publikum in der Pause die Plätze. Und an drei Abenden wird das Arnold Schönberg Center zum Metabolischen Salon mit verschiedensten Gesprächspartner:innen, Musik, Performances und interaktiven Klanginstallationen (13./15./16.11.2024, Anmeldung bei ASC).

Zu einem transaktustischen Spaziergang Auf den Spuren der 12 lädt das iftaf – institut für transakustische forschung entlang eines Teilabschnitts der zukünftigen Straßenbahnlinie 12 und erweist somit indirekt auch Arnold Schönberg seine Reverenz. Die Teilnehmer:innen dieses Spaziergangs werden in eine «Dodekamanie» versetzt und mit einem Forschungsjournal ausgerüstet. In dieses können sie ihre eigenen Forschungsresultate rund um die Zahl 12 im Verlauf des Spaziergangs eintragen. An jedem Standort gibt es einen Stempel, der jeweils einen der 12 Töne repräsentiert. Diese Stempel sollen individuell im Forschungsjournal angeordnet werden. So wird eine persönliche 12-Ton-Reihe erstellt, die schließlich auch hörbar gemacht wird.

Das Claudio Abbado Konzert im Musikverein (29.11.2024) präsentiert neben dem Concert for piano and orchestra des Schönberg-Schülers John Cage – das 1959 im Mozart-Saal das vermutlich letzte Wiener Skandalkonzert ausgelöst hatte – die Gewinner:innen des gemeinsamen Calls for Scores von ACOM – Austrian Composers Association, Wien Modern, ORF RSO Wien und Arnold Schönberg Center: Tanja Elisa Glinsner, Shiqi Geng und Marios Joannou Elia.

Und schließlich startet die Junge Musik mit The Great Learning von Cornelius Cardew am Schlusstag von Wien Modern (30.11.2024) ein Großprojekt zum Mitmachen, das bis zur kommenden 38. Festivalausgabe hunderte von Mitwirkenden einladen wird.

Das Schönberg-Jahr wird mit Unterstützung der Stadt Wien gemeinsam von Wien Modern und dem Arnold Schönberg Center koordiniert. Eine Übersicht aller Projekte im Rahmen von Schönberg 150 gibt es auf der Website schoenberg150.at.