Ainsi la nuit

(1973–1976) – ~ 17'

Nocturne
Miroir d’espace
Litanies
Litanies II
Constellations
Nocturne II
Temps suspendu

Ainsi la nuit ist das einzige Streichquartett von Henri Dutilleux. Es entstand im Auftrag der Koussewitzky-Stiftung und der Library of Congress in Washington und wurde am 6. Jänner 1977 vom Quatuor Parrenin in Paris uraufgeführt. Die US-amerikanische Erstaufführung durch das Juilliard Quartet folgte im Jahr darauf. Henri Dutilleux widmete das Stück Samuel Ernest Sussman und der Witwe von Serge Koussevitzky, Olga Koussevitzky. Über seine Arbeit an der Komposition erzählte er: «Ich hatte bis dahin noch nie ein Quartett geschrieben. So habe ich damit begonnen, musikalische Skizzen [Nuits] zu entwickeln, die sich ein wenig wie Studien zu dieser für mich neuen Form darstellten. Es waren abgeschlossene Fragmente ohne eigentlichen Zusammenhang, doch ich habe sie in dieser Form bereits dem Juilliard Quartet vorgelegt, sodass es sich mit meiner Arbeitsweise bekannt machen konnte.» Wichtig für Dutilleux war bei Ainsi la nuit die Abfolge von «Zuständen», die für ihn in dieser stilistisch impressionistischen Komposition in ihrer Gesamtheit das Bild einer Nacht erzeugen sollten. Seinem «concept de mémoire» folgend, gestaltete Dutilleux, beginnend mit einer achttaktigen, mottoartigen Introduktion (Libre et souple), in sieben Sätzen ein vielfältiges Spektrum an kontrastreichen musikalischen Elementen, die in Rückblenden und Vorwegnahmen jeweils miteinander in Verbindung stehen, wobei er die Sätze an fünf Stellen durch Parenthèses genannte kurze Zwischenspiele unterbricht. Dabei verwendet er typische Techniken wie fächerförmige Phrasen, eine modale Qualität, die an den gregorianischen Choral erinnert, sowie die Hervorhebung tonaler Dreiklänge in einem atonalen Kontext. Im letzten Teil, Temps suspendu, zersetzt Dutilleux die eingeführten Elemente ein letztes Mal und lässt sie gegen Ende hin nahezu erstarren, sodass sich die dem Titel des Schlussstücks gemäße Zeit förmlich in einem Schwebezustand auflöst. Ainsi la nuit wurde als Juwel des Quartett-Repertoires des 20. Jahrhunderts bezeichnet und gilt heute als eines der wichtigsten Werke dieses Genres. (Angela Heide)