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Polifonica – Monodia – Ritmica

Luigi Nono (1951)

für Bläser, Schlagzeug und Klavier (1951) – 12'

Polifonica
Monodica
Ritmica


Im Sommer 1951 wurde Luigi Nonos Polifonica Monodia Ritmica im Rahmen der Darmstädter Ferienkurse unter der Leitung von Hermann Scherchen aufgeführt. Nono selbst hatte 1947 seinen Universitätsabschluss in Jus gemacht, und das Stück war erst sein zweites, das er im Rahmen dieses Festivals vorstellte. Heinz-Klaus Metzger sollte es bald darauf als das interessanteste Werk der Nachkriegszeit bezeichnen und Nono in den folgenden Jahren zu einem wichtigen Wegbegleiter des Festivals werden, dem auch später die Prägung des Begriffs «Darmstädter Schule» zugeschrieben wurde. Das Stück macht Nonos Interesse für den «unorthodoxen Serialismus» (Paolo Pinamonti) deutlich, mit dem sich der Komponist gegen die theoretische Strenge einiger seiner Weggefährten, darunter Karlheinz Stockhausen und Pierre Boulez, verwehrte und stattdessen eine sich stetig unter Beweis stellende Skepsis eigenen Forschungsergebnissen gegenüber an den Tag legte. Luigi Nono komponierte das Stück für fünf Blas- und fünf Schlaginstrumente und entwickelte dabei eine variationsreiche Palette und tonaler Farbgebung in dynamischer Bandbreite. Polifonica Monodia Ritmica besteht aus drei Teilen, von denen sich jeder, dem Titel entsprechend, einem anderen Aspekt widmet: Polyphonie – Monodie – Rhythmus. Im Laufe des Stücks entwickelt sich eine von einfachen motivischen Zellen ausgehende stetig anwachsende polyphone Dichte wie auch ein musikalische Weite, die «der Stille, den Gesängen und den Echos lauscht», schrieb Nono an Scherchen, als er diesem die Partitur zusandte. Betrachtet man die drei Teile näher, sind diese tatsächlich nicht so klar voneinander zu trennen, wie es den auf den ersten Blick den Anschein geben mag. So kann der letzte Teil als eine Polyphonie von Rhythmen gelesen werden, die im Verlauf eine rhythmische Verdichtung mit sich bringt, während das kontrapunktische Geflecht reicher wird. Nono verwendet dabei Techniken des Serialismus, um kleine Einheiten sich wiederholender Melodien und rhythmischen Materials zu entwickeln, die sich im Verlauf des Stücks stetig transformieren, wobei, wie er erzählte, der erste Teil des Werks auf den afrobrasialinischen Rhythmen basierte, die er durch die brasilianische Pianistin und Komponistin Eunice Katunda kennen gelernt hatte. Ausgehend von der schmalen rhythmischen Zelle des Beginns entwickelt sich eine dichte Polyphonie, gefolgt von einem etwas ruhigeren Teil, der mit einer Schlagwerk-Passage und schließlich einem Beckenschlag endet. Im zweiten Teil, Monodie, greift Nono auf einen italienischen Gesangsstil der Renaissance zurück, wird im Tempo langsamer und lässt die melodische Sololinie von Instrument zu Instrument übergehen, ehe sich gegen Ende dieses Teils die rhythmische Dringlichkeit steigert und in einem lauten Hornruf kulminiert, der den dritten Satz einleitet. In diesem rückt der Rhythmus die Schlagzeuggruppe in den Vordergrund, ehe sich der Satz allmählich zu einem Crescendo steigert, bevor das Stück ausklingt. Das grundlegende A-G#-Re-Mib-Motiv schafft durch verschiedene Permutationen ein subtiles Beziehungsgeflecht zwischen den verschiedenen Teilen des Werks, einer Musik, die unmerklich aus dem Nichts auftaucht, mit der Stille in Dialog tritt und nach und nach wieder verklingt. Das Bewusstsein für die große Bedeutung von Pausen und Stille, die Nono mit seinem us-amerikanischen Zeitgenossen John Cage teilte, wurde in den Stücken der letzten Lebensjahre, neben seiner kontinuierlichen Auseinandersetzung mit politischen Themen und dem aktivistischen Einsatz seiner Musik, zu einem charakteristischen Stilmerkmal Luigi Nonos. (Angela Heide)

Produktionen

2024
  • MUK / WIEN MODERN

    Polifonica – Monodia – Ritmica(1951 UA)- '
    20.11.2024 18:00, MUK.theater
    20.11.2024 20:00, MUK.theater

2013
1988
  • die reihe / Cerha

    Polifonica – Monodia – Ritmica(1951)- '
    14.11.1988 19:30, Wiener Konzerthaus, Mozart-Saal