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Festivalwoche 2: Salat, Prinzessin, zwei Filmpreviews und Improvisation

Alison Knowles: Make a Salad 1962/2012. A High Line Performance.

Alison Knowles: Make a Salad 1962/2012. A High Line Performance.

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«Als ich gefragt wurde, ob ich Fokus-Komponistin des Musikvereins werden wolle, fühlte ich mich tief geehrt. Ich bin damit aufgewachsen, das Neujahrskonzert im Fernsehen mitzuverfolgen, und zu wissen, dass meine Musik nun in diesem so renommierten Haus gespielt werden wird, ist, als ob ein Traum wahr werden würde», so Clara Iannotta zu der ihr zuteil gewordenen Ehrung in diesem Jahr. Nachdem sie bereits vergangene Woche im Rahmen von Péter Eötvös in Memoriam und beim Ensemble Kontrapunkte zu hören war, gibt es diese Woche noch einmal einen Fokus auf Clara Iannottas Lehrtätigkeit an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Beim Composition Lab Iannotta sind neben zwei Werken von Iannotta auch ihre Studierenden Yoko Konishi, Giuseppe Franza und Yuheng Chen zu hören – mit denen im Anschluss Auf ein Glas im Gläsernen Saal des Musikvereins geladen wird. (Montag, 04. November)

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An drei aufeinanderfolgenden Tagen liegt dann mit Digging Schönberg (in englischer Sprache) Augenmerk auf Schönberg 150. Thema des Symposiums im ASC sind Formen der Schönberg-Rezeption und -Adaption in der populären Musik in ihrer gesamten Breite. Wissenschaftliche Vorträge zu unterschiedlichen populären Musikgenres (Jazz, Rock, Metal, Videospiele etc.) betreffen sowohl die musikalische Rezeption und Reformulierung als auch die Auseinandersetzung mit der Figur Arnold Schönberg. Es sprechen Saskia Jaszoltowski, Elizabeth Keathley, Georg Graewe, Juri Giannini, Hippocrates Cheng, Alyssa Barna, Nicole Biamonte, Jerry Chain, Keith Salley, John Covach, Jakob Uhlig, Simon Obert, Timur Sijaric, Lance Morrison, Alex Carpenter, Ricardo Athaide Mitidieri und Manuel Becker. Musikalisch überprüft werden die Theorie-Inputs selbstverständlich auch: Schönberg und Pink Floyd – ist das wirklich ein Widerspruch? Versiert im weiten Feld des Jazz wie auch bei der Improvisation über Zwölftonreihen, begreifen Burkhard Stangl und Franz Hautzinger den scheinbaren Gegensatz als Inspirationsquelle. Der Komponist und Pianist Georg Graewe erkundet außerdem im Trio mit Sara Kowal und Laura Strobl Gemeinsamkeiten und Divergenzen zwischen unterschiedlichen Spielformen – gleichermaßen auf den Spuren der Jazzavantgarde wie von Schönbergs «musikalischem Gedanken». (06., 07. & 08. November)

Arnold Schönberg

Arnold Schönberg

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Georg-Graewe

Georg-Graewe

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Franz Hautzinger & Burkhard Stangl

Franz Hautzinger & Burkhard Stangl

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Mehrfach angerichtet wird am Mittwoch (06. November) im Festsaal des Wiener Rathauses: «Ich glaubte, dass ich jetzt meinen eigenen persönlichen Kompositionsstil gefunden hätte, und erwartete, dass alle Probleme […] gelöst wären», schrieb Schönberg über seine Kammersymphonie op. 9 von 1906. Die wilde Erregung des Wiener Konzertpublikums vor über 100 Jahren ist aus heutiger Sicht schwer nachfühlbar: 1913 «konnten sich die Freunde der Musik über dieses geradezu ernste Tonstück […] nicht halten» und sorgten für den berühmtesten Skandal der Musikgeschichte. Beim Festkonzert zu Schönbergs 150. Geburtstag im Wiener Rathaus interpretieren junge Musiker:innen der MUK und der Bruckner Universität dieses Werk in der großen Orchesterfassung, gemeinsam mit der 1930 fertiggestellten Begleitungsmusik zu einer Lichtspielscene (für Igor Strawinsky «das beste Stück echter Filmmusik, das je geschrieben wurde»). Es wäre nicht Wien Modern, wenn nicht wenigstens ein jüngeres Werk am Programm stünde, das freilich auf seine ganz andere Art ebenfalls längst zum Klassiker geworden ist: Alison Knowles, Wegbegleiterin des Schönberg-Schülers John Cage und Fluxus-Pionierin, beschränkte die Partitur ihrer aufsehenerregenden Proposition #2 von 1962 auf drei Worte: Make a Salad.

Alison Knowles: Make a Salad 1962/2012
ALISON KNOWLES
MAKE A SALAD Liz Ligon Courtesy of the High Line

Arnold Schönberg war nicht nur Komponist und Künstler, sondern auch ein fantastischer Erzähler. Kurz und lustig waren die Geschichten, die Arnold Schönberg im Exil hervorbrachte, wenn Zeit dafür war. Seine Kinder wurden darin zu Held:innen, Schönberg schnitt mit großem Vergnügen Grimassen, verstellte seine Stimme und verkörperte alle Figuren. Nach der Geschichte einer ungeduldigen Prinzessin, die Arnold Schönberg seinen Kindern beim Essen erzählte, komponierte Margareta Ferek-Petrić ihr neues Musiktheaterstück, das im Rahmen von Wien Modern im Dschungel Wien zur Uraufführung gelangt, bevor am FLUCC Deck brrrds+y, m o s und DJ Malenciaga die erste Party Modern – kuratiert von sch:cht [ʃɪct] – einläuten. (07. November)

Die Prinzessin
Die Prinzessin Franzi Kreis

«Ich glaube, dass die Menschen sich die Musik wieder in ihr Leben zurückholen müssen», sagt Marino Formenti – aus dieser Grundüberzeugung entwickelte sich ein Filmprojekt, das Wien Modern über Monate hinweg begleitet hat. Um den Widerspruch zwischen Schönbergs oft als «elitär» und «unzugänglich» geltender Musik und seinem innigen Wunsch, dass diese von den Menschen auf der Straße gepfiffen werden soll, aufzulösen, waren Marino Formenti und Thomas Marschall mit Klavier und Kamera auf Wiener Straßen unterwegs. An wichtigen oder peripheren, ikonischen, klischeegeladenen Orten haben sie Schönbergs optimistischen Wunsch überprüft. Einen allerersten Blick auf das filmische Ergebnis dieses Experiments bietet die Preview zum Film He’s soo blue! Schönberg Pfeifen im Reaktor. (08. November)

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Weiter in der einladenden Hernalser Location geht es tags darauf mit dem Mutter-Tochter-Duo Sylvia & Johanna Bruckner. Beide verbinden live Musik und Medienkunst – ergänzt durch Ruth Bruckner als Co-Komponistin sowie durch die Tänzerin Robie Legros. Sie interessieren dabei für die molekularen Handlungsfähigkeiten von Sound als virtuellem Material, dem Neu(an)ordnung innewohnt und das sich fortwährend in neue Aggregatzustände bringt. Kurz bevor Manos Tsangaris mit der Uraufführung seiner Musiktheater-Trilogie Arnold Elevators (13.–21.11.) in der Secession, dem Musikverein, dem Wiener Konzerthaus und dem Arnold Schönberg Center erstmals in Wien als Komponist zu erleben ist, lädt ihn das Wiener Konzerthaus gemeinsam mit seiner Frau Pi-hsien Chen live auf die Bühne – an der Seite des soeben mit dem Thomas-Mann-Preis 2024 ausgezeichneten Schriftstellers Navid Kermani. Kleiner Fun Fact am Rande: Das Trio lebt in Köln seit 25 Jahren in Wohnungsnachbarschaft. (09. November)

Atmospheric Drafts of Intimacy

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Navid Kermani

Navid Kermani

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Manos Tsangaris

Manos Tsangaris

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Auch am Sonntag (Sonntag, 10. November) geht es weiter mit Manos Tsangaris: Als junger Trommler in Rockbands entschied er sich früh für eine neue Art des Aktivismus: Er wurde Komponist. Seine Bühnen sind Kioske an der Ecke, Wiesen, Wälder, Cafés, U-Bahn-Stationen, Seniorenheime oder Opernhäuser. Denn wenn wir hinhören, verändert sich die Welt vor unseren Augen. Manos Tsangaris war lange der Meinung, man könne keinen Film über seine Arbeit machen, als er 2015 die italienische Regisseurin Barbara Lubich fragte: «Willst du es versuchen?» Wohl wissend, dass sein Werk eine Auseinandersetzung mit unserer medial geprägten Wahrnehmung ist, ließ sich Lubich darauf ein. Der Rhythmus von Manos Tsangaris’ Leben zwischen den Welten ist der Faden der filmischen Erzählung Music is a Frame.. Wir begleiten ihn bei der Probe, sehen, was ihn bewegt. Man schaut zu, wie es auch für ihn nicht immer einfach ist, mit dem Musikbetrieb, mit dem Ensemble zu arbeiten. Anschließend wird im Reaktor zur Bar Modern mit Tsangaris und Lubich geladen.
Wien Modern und der echoraum, die legendäre Off-Bühne der Wiener Experimentalszene, präsentieren 2024 gemeinsam drei spannende internationale Improv-Ensembles in der Sechshauser Straße 66. Das beginnt am Sonntag mit einem höchst prominenten Double Feature: Das Quartett von Otomo Yoshihide, Sachiko M (beide Tokio), Axel Dörner (Berlin) und Martin Brandlmayr (Wien) besteht seit einem Auftritt bei den Donaueschinger Musiktagen 2005 auf Einladung von Reinhard Kager; 2010 wurde die erste CD eingespielt. Die gemeinsame Improvisation der vier Musiker:innen besticht durch die experimentelle, herausfordernde Herangehensweise an die von ihnen selbst präparierten Instrumente, die Konzerte des Quartetts zu einzigartigen Erlebnissen macht. Dans les arbres, ein 2004 gegründetes Improvisationsquartett aus Norwegen (Ivar Grydeland, Christian Wallumrød, Ingar Zach) und Frankreich (Xavier Charles), holt sich diesmal ebenfalls Verstärkung aus Japan (Yumiko Tanaka an der traditionellen Langhalslaute Shamisen). Mit ungewöhnlichen Kombinationen von Soundquellen und einem besonderen Sinn für Kommunikation entstehen spontane Gruppenkompositionen, die eine «Klasse für sich» darstellen. Die Musik des Ensembles bewegt sich sanft, aber konsequent auf einer ausgedehnten Ebene vielfältiger Sounds. Die dynamische Textur der Werke entsteht dank der großen Bandbreite an unorthodoxen erweiterten Spieltechniken. Beide Ensembles legen aufgrund der hohen Nachfrage um 19:30 Uhr am selben Tag eine Zusatzvorstellung ein.
Martin Haselböck war bei Wien Modern von Anfang an mit an Bord – 1988 spielte er Cembalo- und Orgelwerke von György Ligeti (u. a. Volumina), 1990 Ernst Krenek (u. a. Orga-Nastro), 1991 stand er mit Claudio Abbado im Großen Saal des Wiener Konzerthauses auf der Bühne. Dass sich das Verhältnis zwischen der Orgel und der Musik der Gegenwart seither in Wien durchaus spannend entwickelt hat, ist nicht zuletzt Martin Haselböck und seiner vielfältigen Konzert- und Unterrichtstätigkeit zu verdanken. Zum 70. Geburtstag ehrt ihn das Wiener Konzerthaus mit einem Solorezital an der 1913 erbauten großen Rieger-Orgel im Großen Saal, die mit 116 Stimmen, verteilt auf fünf Manuale und Pedal, noch heute die größte Konzertorgel Europas ist. (10. November)

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Music is a Frame

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Martin Haselböck

Martin Haselböck

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Ab Freitag 1. November und noch bis zum 7. November läuft im Reaktor Die Puppe, die aktuelle Produktion des sirene Operntheater mit Musik von Christof Dienz, Idee & Regie Kristine Tornquist, mit PHACE und Schauspieler:innen des Serapions Ensembles. Die kinetische Klanginstallation πTon/2 von Cod.Act ist im MAK noch bis zum 1. Dezember zu sehen.

COD.ACT: πTON/2

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Die Puppe

Die Puppe

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